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Der Brief einer uns unbekannten Dame aus Knippa/Uvalde in Texas

Jan 21, 2016 | Wolfgang Meyer | Blog, Verlag | No Comments

Der Brief einer uns unbekannten Dame aus Knippa/Uvalde in Texas

Elisabeth Langner aus Texas schreibt am 29. Oktober 1927 an Willy Meyer

Knippa,Uvalde County, Texas, 29.10.1927

Lieber Willy!

Deinen lieben Brief vom 13.9. habe ich richtig erhalten und das Bild sieht Dir sehr ähnlich. Ich danke Dir sehr für Brief und Bild, beides hat mich sehr erfreut.

Wie alt bist Du eigentlich und wie heißt die Schule, wohin Du jeden Morgen fährst?

In welcher Klaße bist Du schon?

Eine Ansichtskarte von unserer Farm habe ich nicht. Ich schicke Dir aber einliegend:

1) ein Bildchen von unserem Blumengarten, ich stehe auf dem Beet mit meinem kleinen Pudel „Jolly“, das meint „Lustig“. Links von mir siehst Du die Stufen, die auf unsere Veranda führen, rechts ist der Maschi-nenschuppen.

2) Mein jüngster Sohn, Walter Langner, der seit Ende August auf einer höheren Schule, Wartburg College, Clinton, Iowa ist. Er hat mit dem Dampfpflug, als er fortging, noch das Haferfeld umgepflügt. Dies ist nur der „tractor“, der den Pflug, der 5 Scheiben hat, zieht. Mein Junge ist jetzt 16 Jahre alt.CCI00016 Kopie

Vor 3 Wochen haben wir in diesem Feld wieder Hafer mit einer großen Saatmaschine (drill) hineingesät. Derselbe ist schön aufgekommen.

Frage nur, wenn Du etwas wissen möchtest.

Im Winter grasen wir mit Vieh den Hafer ab; im Februar, März, April schießt er dann hoch und im Mai wird der Hafer gemäht (wieder mit einer großen Maschine, die gleich kleine Bündel davon bindet) und im Juni wird er dann gedroschen und verkauft.

3) Auf diesem Bild siehst Du unsere barn (Art Scheune). In dem großen Raum, auf dem Du den Dachreiter mit den Schwalbennestern findest, benutzen wir, um gepreßte Heuballen und Maiskorn hineinzutun. An der einen Seite ist ein großer Raum, in dem auch Maiskorn und anderes Saatgut aufbewahrt wird. An der andern Seite haben wir 2 ganz dichte Räume, den einen für Saathafer, den andern für Baumwollsamen. Daneben ist dann unser „buggy house“. Du weißt nun nicht was eine „buggy“ ist. (Ein Fuhrwerk für ein oder zwei Pferde mit einem Lederverdeck darauf.)

Siehst Du die ganz weißen Hühner. Das sind leghorns. Wir haben 60-80 davon. Vor dem barn sind die Stände für unsere großen Pferde. Wir haben 14 Pferde uCCI00014 Kopiend 12 Maulesel. An der andern Seite haben die Esel und kleineren Pferde ihren Futterstand. Wir selbst arbeiten nicht mehr im Feld. Einige Minuten von uns haben wir 6 kleine Häuser mit 2 und 3 Zimmer, da wohnen die Mexikaner-familien. Die kommen jeden Mor-gen und holen sich ihre Gespanne und Gerätschaften. Jeder Mann hat eine gewiße Menge Land zu bearbeiten. Wir liefern die Arbeitstiere und Maschinen, Samen usw. und sie bekommen die Hälfte der Ernte für ihre Arbeit.

Doch nun hab wohl für heute, grüße Deine lieben Eltern und Deinen kleinen Bruder von mir.

Frage nur, was Du sonst noch wissen möchtest.

Du seist herzlich gegrüßt

von Frau Elisabeth Langner

Diese Korrespondenz wirft für uns Nachfolgende etliche Fragen auf:

Die einzige Information zu diesem Thema konnte mir mein Vater Karl-Heinz geben. Demnach wollte Willy nach Beendigung des Krieges nach Amerika auswandern. Sein Freund Albin Wehner, hat diesen Vorsatz umgesetzt und in Chicago eine Metzgereikette aufgebaut. Ich habe ihn während seines Besuches in Kirchweyhe bei meinen Großeltern kennengelernt.

Angeblich hat Willy Elisabeth Langner auf dem Bahnhof Bremen kennengelernt, als er ihren Koffer ins Abteil getragen hat. Auch das kann ich nicht nachvollziehen. Im August 2015 habe ich brieflich Kontakt mit der Familie Langner in Knippa aufgenommen. Bislang ist eine Antwort leider bei mir noch nicht angekommen. Den Grabstein der Familie Langner in Knippa habe ich über die Internetrecherche „Find a Grave“ ausfindig gemacht. Ich hoffe, dass ich die Verbindung zur Familie Langner herstellen und die oben gestellten Fragen klären kann.

 

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